Ein Feld voller Unkraut für mehr Verständnis Wie bei Medikamenten: „Es kommt auf die Dosierung an“

Kelzenberg · Disteln, Melde, Winde – das Unkraut auf dem etwa 100 Quadratmeter großen Zuckerrüben-Feld, auf dem Landwirt Dirk Klaßen nicht gespritzt hat, sprießt in alle Richtungen. „Mir ist es wichtig, dass die Leute verstehen, wie wir arbeiten und warum es vielleicht auch wichtig ist, zu spritzen“, erklärt der Kelzenberger seine Arbeit als Landwirt.

 Landwirt Dirk Klaßen im unbehandelten Zuckerrüben-Feld. Dahinter ist das behandelte Zuckerrüben-Feld.

Landwirt Dirk Klaßen im unbehandelten Zuckerrüben-Feld. Dahinter ist das behandelte Zuckerrüben-Feld.

Die eine Zuckerrübe ist schon jetzt groß und kräftig gewachsen, die andere ähnelt eher einer Möhre. Die eine konnte sich frei von Unkraut entfalten, der anderen wurde durch wilde Pflanzen das Sonnenlicht genommen.

Seit vier Jahren lässt Dirk Klaßen eine bestimmte Fläche seiner Felder unbehandelt von jeglichen Spritzmitteln und beteiligt sich damit an der Aktion der Organisation „Die Pflanzenschützer“. Die Folge: Das Unkraut verbreitet sich ungeheuer und der Ertrag landet hinterher auf dem Müll. Und das nur, weil Klaßen der Gesellschaft zeigen will, wie notwendig Behandlungsmaßnahmen sind. Denn das Unkraut müsste ansonsten per Handarbeit gerupft werden – bei insgesamt 20 Hektar Zuckerrüben-Feld einfach nicht zu bewältigen. Würde der Kelzenberger seine Felder ohne jegliche Mittel wachsen lassen, käme er bei weitem nicht auf den notwendigen Betrag von einer Tonne, für die er gerade einmal 20 Euro bekommt.

Der Beweis dafür dass Herbizide, Mittel zur Unkrautvernichtung, für Klaßen notwendig sind. „Das ist wie bei Medikamenten“, versucht Dirk Klaßen anschaulich zu erklären, „das ist auch Gift für den Körper. Es kommt aber auf die Dosierung an.“ 99 Prozent beim Spritzen bestehe beispielsweise aus Wasser zum Benetzen und danach herrsche auch eine „Ruhephase“. „Nachdem ich gespritzt habe, kann ich nicht ernten“, so Klaßen – ähnlich wie wenn etwas frisch gestrichen ist.

Und letztlich reagiert er auch auf die Nachfrage der Verbraucher. „Fungizide werden beispielsweise gegen Pilze bei den Kartoffeln verwendet“, berichtet er, „würde ich das nicht anwenden, sind die Kartoffeln nicht lagerfähig. Da die Menschen aber im Januar oder Februar Kartoffeln essen wollen, ist es für mich nicht möglich ohne Fungizide zu arbeiten.“

Aus diesem Grund sehe er die Entwicklung der immer schwerwiegenden Verordnungen in der Landwirtschaft auch gar nicht so negativ wie andere: „Das ist seit Jahren schon so, dass ein noch besserer Wirkstoff gefunden wird – ebenso wie bei den Medikamenten auch. Nur dass mancher Wirkstoff gar nicht so schlecht ist, wie dargestellt.“ Und er muss es ja wissen, so hat er den Hof seines Vaters schließlich schon vor 14 Jahren übernommen.

(Alina Gries)
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