Der David Hunter vom Gillbach: Die Ohren verraten genauso viel wie die DNA

Rommerskirchen · Zu fest aufs Gaspedal gedrückt und schon liegt ein Blitzer-Foto im Briefkasten. Während die einen ohne Diskussion zahlen, lassen es die anderen vor dem Gericht drauf ankommen. Und da kommt Professor Dr. med.

Der David Hunter vom Gillbach:: Die Ohren verraten genauso viel wie die DNA
Foto: privat

Wolfgang Huckenbeck, Facharzt für Rechtsmedizin und Gutachter für Forensische Anthropologie, ins Spiel: "Da wird getrickst ohne Ende. Gerne werden Verwandte oder schwierige Wohnsituationen als Ausrede genommen. Ein Problem sind auch eineiige Zwillinge."

Doch davon lässt sich Huckenbeck nicht trügen. 1.000 Fälle bearbeitet er pro Jahr, ein Merkmal ist dabei Gold wert. "Wenn das Foto scharf ist, dann ist ein Ohr wie die DNA", berichtet der 64-Jährige. Denn nicht nur Strafverfahren im Straßenverkehr gehören zu seinem Aufgabengebiet. "Ich kümmere mich, um alles, wo Kameras etwas aufgenommen haben. Sei es bei EC-Karten-Betrügen, Bankraub oder Randalen bei Fußballspielen."

An die Rechtsmedizin ist Professor Dr. med. Wolfgang Huckenbeck eher durch Zufall gekommen. "Ein Kommilitone und ich haben ein Thema für unsere Doktorarbeit gesucht", erzählt er, "durch Zufall sind wir im Gebäude der Rechtsmedizin gelandet." Witzig: Während Huckenbeck nun schon 32 Jahre lang nach der Todesursache von verstorbenen Menschen fahndet, ist sein Freund Internist geworden.

Tsunami-Opfer in Thailand, Massengräber im Kosovo, aber auch Leichen der Love-Parade in Duisburg. "Ich glaube, es ist nicht zu hoch gegriffen, wenn ich sage, bei der 10.000 Leiche war Schluss. Ich wollte keine Leichen mehr sehen", so Huckenbeck. Der Entschluss danach stand schnell fest.

"Mit der Zeit bekommt man ein geschultes Auge"

"Die Lichtbild-Erkennung hat in den vergangenen Jahren immer mehr zugenommen. Es war also kein Sprung ins kalte Wasser", erklärt der 64-Jährige seine Entscheidung, das Beamtentum zu kündigen und privat in die forensische Anthropologie zu wechseln.

Seine Aufgabe: Fotos wie zum Beispiel bei zu schnellem Fahren mit perspektivisch angepassten Vergleichsfotos abzugleichen. "Mit der Zeit bekommt man ein geschultes Auge. Ich weiß worauf ich achten muss und im Zweifel ist man immer für den Angeklagten", lacht Huckenbeck. Schließlich seien es letztlich nur Fotos und trotz moderner Technik, nur 70 bis 80 Prozent der Lichtbilder wirklich ausreichend scharf.

Huckenbecks Institut ist — neben je einem in Köln und Duisburg — außer dem Landeskriminalamt die einzige Institution landesweit, die sich mit Lichtbild-Erkennungen auseinandersetzt.

"Meine Frau hat zwei Hunde, ich mehrere Oldtimer"

"Einmal wurde ein Afghane zu Unrecht für einen EC-Karten-Betrug beschuldigt", erinnert sich der Rommerskirchener, "ihm wurden im Flüchtlingsheim seine Papiere gestohlen. Durch diesen Vorfall hat er seinen Informatik-Job, den er in Aussicht hatte, verloren. Das ist eine gefährliche Sache." Huckenbeck deckte den Fall zwar auf, der Afghane erhielt den Anspruch auf seine Stelle jedoch nicht wieder. "Wenn Täter-Fotos in Zeitungen und bei der Polizei veröffentlich werden, muss man aufpassen, weil einem nur Personen vorgestellt werden, die dem Täter natürlich ähnlich sehen."

Und obwohl der 64-Jährige recht happy in seinem Zwölf-Stunden-Job ist, lässt er gerne seinen Gedanken freien Lauf beim Offroad-Fahren in Marokko, in Albanien, in der Toskana oder in Namibia. "Meine Frau hat zwei Hunde, ich mehrere Oldtimer", lacht er.

So sei es ein richtiger Nervenkitzel an Abgründen von etwa 100 Metern ohne Leitplanken durch die Länder zu düsen. Sogar an einer Lotos-Rallye in Kambodscha haben die Huckenbecks schon teilgenommen.

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