Neues Buch vom Geschichtsverein: Angst im Bunker: Front verlief direkt durch Grevenbroich

Grevenbroich · In diesem Jahr bedrücken uns die Nachrichten über Putins Krieg in der Ukraine – an den Zweiten Weltkrieg bei uns können sich aus eigenem Erfahren nur die Älteren erinnern. Aber den relativ kleinen Ort Grevenbroich hat dieser Krieg besonders getroffen.

Die historische Aufnahme zeigt die Zerstörung am ehemaligen Wilhelmitenkloster in Grevenbroich. Im Hintergrund die ursprüngliche Bebauung am Ostwall (heute Eingang zum Stadtpark).

Die historische Aufnahme zeigt die Zerstörung am ehemaligen Wilhelmitenkloster in Grevenbroich. Im Hintergrund die ursprüngliche Bebauung am Ostwall (heute Eingang zum Stadtpark).

Foto: Kühnel

Zu diesem Ergebnis kommen die Heimatforscher Stefan Faßbender und Stefan Rosellen, die sich über ein Jahr intensiv mit den Kriegsereignissen in Grevenbroich beschäftigt haben und die jetzt die Ergebnisse in einem neuen Buch vorstellten.

Und zwar wählten sie eine ganz besondere Perspektive: Sie haben die Chroniken der Volksschulen aus den Stadtteilen während der Zeit des Nationalsozialismus ausgewertet und erzählen den Zweiten Weltkrieg somit aus der Sicht der Bevölkerung.

Viele Schulchroniken sind noch vorhanden, zum Beispiel die von Allrath, Kapellen, Neuenhausen, oder Neukirchen. Besonders ergiebig zeigte sich die Elfgener Schulchronik mit über 300 Seiten.

"Grevenbroich - Der Zweite Weltkrieg in Auszügen aus den Schulchroniken“.

"Grevenbroich - Der Zweite Weltkrieg in Auszügen aus den Schulchroniken“.

Foto: Kühnel

Aber in einzelnen Schulchroniken fehlen diese Jahre: Die entsprechenden Seiten sind herausgerissen worden und sind so verloren.

Hautnah wird in diesen Tagebüchern die zunehmende Tragik der Kriegsereignisse geschildert: Die Luftangriffe nehmen zu, Bunker werden gebaut, immer mehr Häuser werden beschädigt – und leider sind auch mehr Verwundete und Tote zu beklagen.

 Stefan Faßbender und Stefan Rosellen.

Stefan Faßbender und Stefan Rosellen.

Foto: Kühnel

Mitautor Stefan Faßbender erzählt: „Als ich in den Chroniken las, fühlte ich oft so mit den Dorfbewohnern, dass ich eine Pause einlegen musste, wenn zum Beispiel über einen Bombenangriff berichtet wird, der eine ganze Familie auslöschte.“

Faßbender, von Beruf Steuerberater, hat in diesem Buch auch seine Erfahrungen aus der Ahnenforschung im Geschichtsverein verarbeitet und ist vielen Einzelschicksalen auf die Spur gekommen.

Der zweite Autor, Stefan Rosellen, seines Zeichens Vizevorsitzender des Vereins Luftschutzanlagen im Rhein-Kreis, findet besonders die Erzählungen über die Angst in den Bunkern eindrucksvoll: „Immer häufiger und länger musste man in den Bunkern ausharren, und man wusste nicht, was die englischen Bomber an weiterem Leid mitbringen würden“, fasst er die beklemmende Stimmung in den Schutzräumen zusammen.

Anhand der Ausschnitte aus den Schulchroniken skizzieren Faßbender und Rosellen die Entwicklung des Zweiten Weltkriegs und erklären selbst dabei die lokalen Hintergründe des Kriegsgeschehens; „in den letzten zwei Monaten mussten noch 88 Zivilisten sterben,“ weiß Stefan Faßbender, „als die Kriegsfront quer durch Grevenbroich verlief.“ In vielen Bildern wird die Situation in den Dörfern anschaulich dargestellt. Und das Ziel der Publikation ist auch, dass diese Erfahrungen aus dem Krieg eben nicht verloren gehen, sondern bewahrt werden. Deshalb gehen jeweils Klassensätze kostenfrei an die fünf weiterführenden Schulen.

(-ekG.)
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