Margarete Kranz spricht die Sprache der Umsiedler „Lasst uns das jetzt schnell machen“

Jüchen · Als klar wurde, dass Margarete Kranz nicht wieder für das Amt der Jüchener Bürgermeisterin antreten wollte, wurde sie quasi umgehend vom nordrhein-westfälischen Wirtschaftsministerium kontaktiert: Man fragte sie, ob sie nicht die Nachfolge von Erich Heckelmann als „Umsiedlungsbeauftragte“ des Landes antreten wolle.

Margarete Kranz spricht die Sprache der Umsiedler: „Lasst uns das jetzt schnell machen“
Foto: Kurier Verlag GmbH/Gerhard Müller

Immerhin habe sie die Umsiedlungen Otzenrath, Spenrath und Holz mit ausgehandelt. Deshalb kenne sie auch „die Sprache der Umsiedler“, sei damals vom Ministerium argumentiert worden.

Sie nahm den (ehrenamtlichen) Job an und ist nunmehr seit rund zehn Jahren als Umsiedlungsbeauftragte für ganz Nordrhein-Westfalen für alle drei Tagebaue im „Rheinischen Revier“ die Ansprechpartnerin. So überwacht sie die Beratungsangebote des Landes, der Bezirksregierung und des RWE für die Umsiedler. Sie wird bei besonders schwierigen und verfahrenen Fällen als Vermittler eingeschaltet. Umgekehrt ist „Auge und Ohr“ für die Landesregierung, informiert diese, wenn es irgendwo zu Problemen oder Verstimmungen kommt.

Dabei bewertet Margarete Kranz das Verfahren, das zur Anwendung kommt, als „ausgefeilt“. Die Beschlüsse, dass es zur Umsiedlung kommen soll, liegen zum Teil deutlich in der Vergangenheit. In Bürger-Versammlungen werden fünf bis sieben neue mögliche Standort für den Ort vorgeschlagen. Nach gemeinsamen Besichtigungen wird dann über die künftige Lage abgestimmt. „Die Umsiedler gestalten gemeinsam mit Planern ihren Ort“, betont Kranz.

Dann aber komme der Teil der Umsiedlung, bei der die meiste Unruhe entstehe. Bei der genau beäugt würde, was quasi nebenan geschehe: Im ersten Schritt werde der Wert der bestehenden Immobilie (inklusive Grundstück) ermittelt. „Das ist aber keine Verhandlungssache. Da sind über Jahrzehnte hinweg Tabellen festgeschrieben worden, aus denen jeder Umsiedler selbst sowohl den Wert als auch die leistende Zulage ablesen kann“, betont Kranz. Das sei "sehr transparent geregelt und die Siedler passen da auch sehr genau auf.“ Ziel sei eine „auskömmliche Entschädigung, was ich auch richtig finde“, so die Bürgermeister a. D. mit Nachdruck.

Im zweiten Schritt gehe es dann an die Grundstücksverteilung am neuen Standort. Das sei natürlich auch kritisch. Deshalb könne jeder drei Wunschgrundstücke angegeben. Und dann müsse halt verhandelt werden, dass am Ende jeder zu seinem Recht komme…

So weit, so klar. Für Manheim und Morschenich, für Keyenberg und Lützerath sind die entsprechenden Verfahren im vollen Gang. Und dann kam die bundesweite Diskussion um den Ausstieg aus der Braunkohle, an deren Ende der Beschluss der „Kohle-Kommission“ stand, auf dessen Umsetzung in Gesetzesform die Republik immer noch wartet. „Im Moment ist nichts entschieden. Das ist für die Umsiedler eine unglückliche Situation“, betont Kranz entschlossen.

Wäre eine Kehrtwende in Richtung „kein Umzug“ überhaupt noch möglich? „Das ist fast nicht mehr realisierbar. 60 Prozent der Betroffenen bauen schon am neuen Ort und die Fenster im alten Ort sind zugemauert“, schildert die Umsiedlungsbeauftragte die Situation. Und sie betont, dass es sich bei denjenigen, die sich gegen eine Umsiedlung sperren und deren Verhandlungen dann als „schwierig und verfahren“ gelten, weniger um die 89-jährige Oma handeln würde, die aus dem Elternhaus nicht ausziehen wolle.

„Die hat doch meistens Kinder und Enkelkinder, die sie auffangen. Das sind dann mehr die Leute, die aus politischen Überzeugungen heraus das Verfahren blockieren wollen. Von den Umsiedlungswilligen höre sie aktuell dagegen oft den Satz: ,Wir machen das jetzt schnell‘“, so Margarete Kranz. Eben die Umsiedlung durchziehen, bevor…

Klar ist die ehemalige Bürgermeisterin in ihrem Job viel unterwegs in der Region. 20 bis 30 Stunden kämen da schon im Monat zusammen, rechnet sie nach. Gewählt ist sie aktuell bis April 2022. Und würde sie dann weitermachen? „Ich könnte mir vorstellen, dass sich diese Frage dann nicht mehr stellt“, lacht sie. Die laufenden Verfahren dürften dann abgeschlossen. Und neue dürfte es nicht geben.

(Gerhard Müller)
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