Eine „Dezember-Revolution“ am Gillbach? Martin Mertens: „Ich wünsche mir, dass man miteinander klar kommt.“

Eckum/Nettesheim · Sibille Bender hat zusammen mit drei Mitstreitern die Rommerskirchener SPD-Fraktion verlassen und die neue Fraktion „Wir für Rommerskirchen“ gegründet (wir berichteten in der Vorwoche). Seitdem schlägt der Gillbach – bildlich gesprochen – hohe Wellen. Bürgermeister Martin Mertens versucht die Gemüter zu beruhigen ...

Vize-Bürgermeister-Wahl: Immer nur lächeln. Wie es da drinnen aussieht, geht niemand was an?

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Kaum war am Donnerstag der Vorwoche der Austritt der Vier aus der SPD-Fraktion publik gemacht worden, ging es auch schon los: Gregor Küpper (er war aus dem Rommerskirchener Rathaus als Dezernent in die Kreisverwaltung gewechselt und hat seitdem ein „besonderes Auge“ auf die Gillbach-SPD) rief erst Daniel Rinkert als Kreis-Vorsitzenden der Sozialdemokraten und dann Christian Schmitz, seines Zeichens Beisitzer im Fraktionsvorstand, an.

Küpper forderte dabei, so die Information aus gewöhnlich gut informierten Kreisen, ein Parteiausschluss-Verfahren gegen Bender & Co sowie die Abwahl von Harry Marquardt, der ja erst kürzlich als zweiter stellvertretender Bürgermeister gewählt worden war.

Annette-Greiner ist Vorsitzende der SPD-Fraktion. Und will es natürlich auch weiterhin bleiben.

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Mit gleicher Forderung meldete sich wenig später auch Stephan Kunz, FDP-Vertreter im Stadtrat, im Internet zu Wort. Stefan Hrdy, AfD-Fraktions-Chef im Gillbach-Rat, signalisierte auf gleichem Wege Zustimmung. Und dieser Post wurde dann noch von einem SPD-Vorstandsmitglied geliked. Spätestens da war die adventliche Stimmung in Eckum und in den Dörfern dahin.

Sibille Bender („Wir für Rommerskirchen“) bringt viel politische Erfahrung mit. Und steht weiterhin zur SPD.

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Nach dem „Sommersturm“ des vergangenen Jahres riecht es nun also nach „Dezember-Revolution“?

Bürgermeister Martin Mertens möchte einen Mediator einsetzen, um die „Wogen am Gillbach“ wieder zu glätten.

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Mitten drin: Harry Marquardt – „der nette, freundliche Senior, den jeder mag“, wie es Bürgermeister Martin Mertens formuliert. Und er berichtet vom Senioren-Kaffee in Frixheim, wo Marquardt erst die Gäste mit Kaffee und guter Laune versorgt, bevor er den Saal verlässt, um im Nikolaus-Rock wiederzukommen und die Besucher weiter zu begeistern.

Harry Marquardt (SPD) ist zweiter stellvertretender Bürgermeister. Seine Wahl hinterließ aber Wunden ...

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Eigentlich also der perfekte Vize-Bürgermeister. Doch seine Wahl erfolgte eher widerwillig beziehungsweise schmerzhaft: Fraktionsintern wurde besagter Christian Schmitz als Gegenkandidat nominiert; er unterlag nur mit knappem Abstand. Dann verhandelte der SPD-Fraktionsvorstand mit der CDU und den „Grünen“.

Stephan Kunz (SPD) sieht im Auseinanderbrechen der SPD-Fraktion im Eckumer Rathaus eine politische Chance.

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Obwohl die SPD zu dem Zeitpunkt noch stärkste Fraktion war, verzichtete man auf den „ersten“ Stellvertreter, setzte den eigenen Mann freiwillig auf den „zweiten“ Platz. Man wolle die AfD (wir berichteten) nicht zum „Zünglein an der Waage“ machen.

Bei Harry Marquardt und seinen drei Mitstreitern kam das aber eher als persönlicher Affront an. Denn, so Sibille Bender im Gespräch mit dem Erft-Kurier, die ersten „internen“ Probleme zwischen ihnen und dem Ortsverbands-Vorstand der SPD seien schon während des Wahlkampfes aufgekommen. „Wir wollten vieles machen, was der Vorstand nicht machen wollte“, formuliert Bender zurückhaltend.

Walter Giesen, er ist Geschäftsführer bei „Wir für Rommerskirchen“ und soll als sachkundiger Bürger in die Kommunalpolitik zurückkehren: „Die haben gekämpft wie die Stiere.“ Und alle vier haben ihre zum Teil traditionell tiefschwarzen Wahlkreise direkt gewonnen.

Bürgermeister Mertens hatte natürlich von den Querelen während des Wahlkampfes Kenntnis. Mit Blick aufs gemeinsame Ziel versuchte er für Ausgleich zu sorgen. Was ihm auch erst einmal gelang.

Als die neue Fraktion dann zusammenkam, sollte es einen „Neuanfang“ geben. Sibille Bender: „Jeder reicht jedem die Hand. Dazu waren wir bereit. Es ging auch zwei Wochen gut. Dann kamen die Gespräche mit den anderen demokratischen Parteien.“

Die hätten hinter dem Rücken der SPD-Fraktion stattgefunden. Nachfragen seien nicht beantwortet worden. Man hätte gar den Bürgermeister aus diesen Gesprächen ausgeladen: „Ist es nicht besser, wenn Du an den Gesprächen nicht teilnimmst? Holger Hambloch ist doch jetzt gekränkt“, gibt Bender die Anfrage wieder.

Und sie betont, dass sich in ihren Augen die SPD im abschließenden Kompromis zu klein gemacht habe. In der ersten Ratssitzung habe man es zudem zugelassen, dass andere Fraktionen Mertens angegriffen hätten, ohne dass die SPD für ihn Stellung bezogen hätte. „Er ist unser Bürgermeister. Und wenn die Verwaltung sauber gearbeitet hat, lasse ich sie so nicht platt machen“, so Sibille Bender weiter.

Als man ihr in der folgenden Fraktionssitzung weiter Antworten verweigert und nur ein Vier-Augen-Gespräch angeboten hätte, sei sie gegangen. Harry Marquardt, Heinz-Georg Hanse und Norbert Rock seien ihr gefolgt. „Wir für Rommerskirchen“ sei auf dem Weg gewesen.

„Die von den vier Personen erhobenen Vorwürfe entbehren jeder sachlichen Grundlage. Weder das Vorgehen der Fraktionsführung noch der Umgang mit anderen Fraktionen rechtfertigen die getroffenen Anschuldigungen“, erklärte inzwischen der Fraktionsvorstand der SPD mit Annette Greiner und Udo Flegel an Spitze.

Die SPD-Fraktion habe in den vergangenen Wochen Vereinbarungen mit anderen Fraktionen – unter anderem zur Bildung der Ausschüsse für die neue Wahlperiode sowie zur Wahl der stellvertretenden Bürgermeister – intensiv beraten, offen diskutiert und mehrheitlich beschlossen. „Während der gesamten Verhandlungsphase wurden alle Fraktionsmitglieder fortlaufend und transparent über den Stand der Gespräche informiert“, so Greiner wörtlich.

Wichtig auch die Sätze: „Wir arbeiten weiterhin eng und vertrauensvoll mit dem Bürgermeister und der Verwaltung zusammen. Diese Kooperation ist erfolgreich und entscheidend für eine sachorientierte, zukunftsgerichtete Entwicklung unserer Gemeinde.“

An der Seite des Bürgermeisters wollen auch die Aktiven von „Wir für Rommerskirchen“ Politik machen, die übrigens schon mehrere Anträge an den Rat formuliert haben (unter anderem zum Thema „Revierklinik“).

Martin Mertens: „Ich bin schon betroffen, dass es so weit gekommen ist.“ Er habe aber die Hoffnung noch nicht aufgegeben: „Ich wünsche mir, dass man sich einigt und dass man wieder miteinander klar kommt.“ Ihm schwebt ein gemeinsames Gespräch mit einem Mediator vor (Heiner Küpper? Fritz Behrens?). Vielleicht sei im Frühjahr dann der Streit längst vergessen.

Dem Vernehmen nach wird es ein Parteiverfahren gegen die Vier nicht geben. Die betonen auch, dass sie weiterhin aufrechte Sozialdemokraten seien, die zu den Zielen der SPD stehen würden.

Marquardts Abwahl erscheint ebenfalls unwahrscheinlich. Erstes braucht die eine zwei Drittelmehrheit im Rat und dürfte zweitens nicht so einfach sein, weil die Stellvertreter per Liste (also gemeinsam) gewählt wurden. Und drittens scheint es nicht unwahrscheinlich, dass die SPD bei einer neuen Wahl der „Mertens-Vize“ komplett das Nachsehen hätte. Und dass auf den dann zu wählenden zweiten Platz ein Vetreter der „Grünen“ gehievt würde.