Das „St. Elisabeth“-Krankenhaus als Thema im Kommunalwahlkampf 2025 Wahrheit oder Pflicht?

Grevenbroich · Die Situation erinnert irgendwie an die „Asterix“-Hefte: Wie Kleinbonum & Co sich der römischen Übermacht entgegenstellen, so wollen drei rheinische Bürgermeister allen Ebenen (Bund, Land, Krankenkassen) zum Trotz ein neues Krankenhaus planen. Wahlkampfgetöse oder realisierbare Mut-Planung? Die Meinung der Wähler wird sich in einer Woche zeigen ...

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Foto: RKN

Auslöser war dabei bekanntermaßen die Tatsache, dass das „St. Elisabeth“-Krankenhaus seine Notfallambulanz verlor. Oder: dass man ihm diese Notfallambulanz wegnahm.

Einer, der schon früh vor diesem drohenden Szenario warnte, war CDU-Fraktions-Chef Wolfgang Kaiser, der bereits im Mai des vergangenen Jahres mit einem offenen Brief im Erft-Kurier den Finger in die Wunde legte, wofür er vom Neusser Bürgermeister mit juristischen Schritten bedroht wurde. Am Ende behielt Kaiser recht: „Die Schließung der Notfallversorgung des ,St Elisabeth‘-Krankenhauses ist eine Katastrophe für die Region.“

Eine Revier-Klinik im südlichen Rhein-Kreis sei dringend erforderlich, sagte er weiter. Die Machbarkeit müsse jedoch realistisch bewertet werden: „Angesichts landesweiter Schließungen von Krankenhäusern darf man daran zumindest Zweifel äußern“.

Bei dieser Aussage mag er auch im Hinterkopf haben, was Landes-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann kürzlich bei einer Wahlkampfveranstaltung in Neuss sagte: Was der Rhein-Kreis und die Stadt Neuss in Sachen „Rheinland-Klinikum“ beschlossen hätten, „war mutig und richtig“. Es wäre die einzig richtige Entscheidung gewesen, betonte er.

Eine Ansage, die in den Führungsetagen des „Rheinland-Klinikums“ und der Kreisverwaltung mit Kopfnicken quittiert wurde: Angesichts der Milliarden-Löcher bei den Krankenkassen sei die Förderung eines Klinik-Neubaus im Süden der Stadt oder auch in Rommerskirchen oder Bedburg mehr als unwahrscheinlich, hört man dort. Und im sarkastischen Nachsatz: Die Befürworter der „Revier-Klinik“ könnten vielleicht einen Investor für eine Schönheitsklinik finden, ein „normales“ Krankenhaus dagegen wäre voll gegen den aktuellen Trend der republikweiten Schließungen.

In den sozialen Medien ist dagegen vor allem von RTW-Schlangen vor der Notfallambulanz des Lukaskrankenhauses in Neuss und von immer längeren Wartezeiten für die Notfall-Patienten zu lesen. Ein Umstand, den Rokis Bürgermeister Martin Mertens aufgreift: „Die Notfallversorgung im südlichen Rhein-Kreis und im nördlichen Rhein-Erft-Kreis muss verbessert werden. Deshalb setzen wir uns massiv dafür ein, dass ein neues Krankenhaus mit Notaufnahme entsteht. Die Erfahrung zeigt: Wer hartnäckig ist, wer mit guten Argumenten kommt und wer sich einsetzt, der hat am Ende Erfolg.“

Sein Grevenbroicher Amtskollege Klaus Krützen gibt sich da im Gespräch mit dem Erft-Kurier zurückhaltender: „Wir versprechen nicht, dass ein neues Krankenhaus kommt. Wir versprechen nur, uns zu kümmern und alles auszuloten, was möglich ist.“ Deshalb gebe man gemeinsam (Grevenbroich, Rommerskirchen, Bedburg – und je nach Wahlausgang auch Dormagen) eine Machbarkeitsstudie in Auftrag (Kosten: rund 200.000 Euro), über der die Frage stehe: „Ist so etwas ein realistisches Szenario?“

Mit anderen Worten: Am Ende der Studie kann es mit der Idee von der „Revier-Klinik“ schon wieder vorbei sein. Allerdings weist der Rathaus-Chef von der Erft auf Cottbus hin, wo eine komplette Uni-Klinik mit Strukturwandel-Mittel gebaut worden sei. Zudem habe Alt-Gesundheitsminister Karl Lauterbach einen Fonds angelegt, aus dem Mittel auch in den südlichen Rhein-Kreis fließen könnten ... Nur, der ist inzwischen Ex-Minister und im Ministerium dürften die Karten neu gemischt sein.

Druckvoll bringt sich Bedburgs Rathaus-Chef Sascha Solbach ein: „100.000 Menschen sind im Ernstfall unzureichend versorgt – das ist inakzeptabel. Das werden wir nicht hinnehmen.“

Um einer Realisierung näher zu kommen, müsse man lernen, über Kreis- und Regierungsbezirk-Grenzen hinaus zu denken.

In die Diskussion um die notärztliche Versorgung ploppt derzeit ein weiteres Problem hinein: Grevenbroich befindet sich nach aktueller Bedarfsplanung der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein in einer akuten Versorgungsnot: Es fehlen 12,5 Hausarztsitze – mehr als in allen Nachbarkommunen wie Kaarst (2,5), Neuss (4,5) und Meerbusch (4,5).

Die Folge: Bürger leben bereits heute mit längeren Wartezeiten und eingeschränkten Versorgungsmöglichkeiten. CDU-Bürgermeister-Kandidat Tim Heidemann: „Viel gravierender ist der Ausblick in die Zukunft. In den kommenden zwei bis drei Jahren werden zahlreiche Hausärzte altersbedingt ihre Praxen abgeben. Der dringend nötige Nachwuchs bleibt bislang aus, sodass die ärztliche Versorgungslücke weiter wächst.“ Und weiter: „Grevenbroich darf nicht länger zuschauen, wie sich die Versorgungslage Schritt für Schritt verschlechtert. Wir müssen jetzt die Weichen stellen“.

In den sozialen Medien geht Maria Grotheguth vom „NRNW-Ärztenetzwerk“ mit Bürgermeister Klaus Krützen hart ins Gericht: „Das Thema ist bedauerlicherweise Gegenwart. Der amtierende Bürgermeister hat auch für die ambulante Versorgung von Grevenbroich kein Konzept“.

Sie fordert klare Konzepte, um junge Hausärzte nach Grevenbroich zu locken und verweist auf erfolgreiche Beispiele aus anderen Regionen.

Die Fakten seien transparent, und der Handlungsdruck sei offensichtlich. Es gelte, Nebelkerzen und Wahlkampfrhetorik beiseite zu legen und mit entschlossenen, sachlichen Maßnahmen für nachhaltige Versorgungssicherheit zu sorgen. Das sei die Verantwortung der Politik – und der Moment, in dem Führung, Ehrlichkeit und Weitblick eingefordert würden.

Und wie geht es weiter? Für das eingangs erwähnte Bürgermeister-Trio ist der Weg klar. Ihre „Roadmap“, die sie diese Woche noch rechtzeitig vor der Kommunalwahl formulieren konnten, sieht neben der Machbarkeitsstudie die Standortsuche (Klaus Krützen spricht von acht möglichen Stellen im Grevenbroicher Stadtgebiet), weitere Interimsmaßnahmen für die Notfallversorgung, die Klärung in Sachen Finanzierung und Partner (das Land, potenzielle Klinikträger und Investoren), die politische Koordination (interkommunale Steuerungsgruppe) und vor allem eine transparente Kommunikation vor.

Für Krützen ist dabei klar: „Es darf kein Wald- und Wiesen-Krankenhaus werden“. Vielmehr müsse eine Spezialisierung auf wichtige Fachbereiche mit hochwertiger Besetzung eingeplant werden.

Teile der Verwaltung müssten bei einem
Wahrheit oder Pflicht?
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